Der erste Pionier der belgischen Psychoanalyse war der flämische Arzt Juliaan Varendonck, der seine psychoanalytische Ausbildung bei Theodor Reik in Wien erhalten hatte. Er war Mitglied der Nederlandse Vereniging voor Psychoanalyse (NVP) und praktizierte bis zu seinem frühen Tod 1924 in Gent.
Ein wichtiges Ereignis bildete 1924 das Erscheinen einer Sonderausgabe der Zeitschrift Le Disque vert, die der Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse gewidmet war. Intellektuelle und katholische Kreise, Soziologen und Pädagogen begannen sich für die Lehre Sigmund Freuds zu interessieren, während die Psychiatrie ihr feindlich gegenüberstand.
Entscheidend vorangetrieben haben die Entwicklung während der 1930er Jahre drei Autodidakten: der Versicherungsagent und späterer Arbeitspsychologe Fernand Lechat, seine Frau, die Lehrerin Camille Lechat, und der gelernte Elektriker Maurice Dugautiez. Ab 1936 reisten sie nach Frankreich, um sich von John Leuba und Marie Bonaparte supervidieren zu lassen. Ihre Lehranalyse machten sie bei dem Wiener Psychoanalytiker Ernst Paul Hoffmann, der 1938 nach Belgien emigriert war und bis zu seiner Verhaftung 1940 in Brüssel lebte. Sie beendeten ihre Ausbildung in Paris und wurden Mitglieder der Société Psychanalytique de Paris (SPP).
Nach Kriegsende gründeten Dugautiez und das Ehepaar Lechat am 24. Dezember 1946 unter dem Patronat der SPP und mit John Leuba als Ehrenpräsident die Association des Psychanalystes de Belgique (APB), die 1949 von der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) anerkannt wurde. Zwei Jahre später wurde die neben Luce Irigaray wohl bekannteste aus Belgien stammende Psychoanalytikerin, Maud Mannoni, Mitglied der APB. 1948 fand erstmals die Versammlung frankophoner Psychoanalytiker in Belgien statt, es folgten die Kongresse der Jahre 1954, 1958, 1972 und 1986. 1956 zählte die APB sieben ordentliche, vier außerordentliche Mitglieder und sechzehn Kandidaten.
1960, nach dem Tod der beiden Gründerfiguren - Lechat starb 1959, Dugautiez ein Jahr später -, wurde die APB umbenannt in Société Belge de Psychanalyse (S.B.P.) bzw. Belgische Vereniging voor Psychoanalyse. Präsidentin wurde Thérèse Jacobs van Merlen. Aufgrund eines Medizinalisierungsschubs im Gefolge der IPV-Anerkennung bestand die belgische Vereinigung überwiegend aus Ärzten.
Unzufrieden mit der in der S.B.P. vorherrschenden medizinischen Tendenz, wandten sich phänomenologisch orientierte Vertreter der jüngeren Generation der Lehre Jacques Lacans zu. 1969 gründeten sie - nach dem Vorbild der lacanianischen École Freudienne de Paris (EFP) - die École Belge de Psychanalyse (EBP) bzw. Belgische School voor Psychoanalyse, in der die Laienanalytiker, also Nicht-Ärzte, in der Mehrzahl waren. Ihre Gründungsmitglieder standen der katholischen Universität Löwen nahe. Eine besonders herausragende Persönlichkeit war der Philosoph Alphonse de Wahlens, der für eine Psychoanalyse phänomenologischer Prägung eintrat.
Als sich 1980 in Frankreich die EFP auflöste, zog dies auch in Belgien die Bildung zahlreicher lacanianischer Neugruppierungen nach sich, darunter die 1982 gegründete Association Freudienne de Belgique. Die EBP blieb jedoch weiterbestehen und vertrat einen pluralistischeren Ansatz.
Die S.B.P. hat heute an die 130 in der Mehrzahl französischsprachige, Mitglieder, die Hälfte davon sind Ärzte, die andere Hälfte meist Psychologen. Seit 1982 erscheint die Zeitschrift Revue Belge de Psychanalyse als Organ der S.B.P..